EIGENHEIM

2015 . Tusche auf Papier . Intervention am Kunst- und Projektraum hr.fleischer in Halle/Saale (Fotos: Anett Hoffmann)

 

Vollausstattung: TV, Dusche, WC, Minibar, Doppelbett, Terrasse, Aussenpool – 60,00 € / jährlich + Strom und Wasser. Eigenheim? Nein. Gartenlaube! Wer nicht in einem Haus mit Garten lebt, hat die Möglichkeit einen Garten zu pachten. Wer nicht in westdeutschen urbanen Ballungsräumen lebt, hat sogar die Möglichkeit dies für sehr wenig Geld und ohne Wartezeiten zu tun. Campingplatzfeeling, Doppelkorn und Hefeweizen, Blumenduft und süsse Früchte, Schenkelklopfer, Arbeitskleidung, Mittagshitze, Weinschorle und Discounternews, rostbraune Leiber, Gelächter und Zeterei: Sommerresidenz – Zwischenlösung.

 

Die einen vermieten zeitweise ihr eigenes Bett, um in den Urlaub zu fahren oder etwas wichtiges anschaffen zu können. Die anderen ziehen gleich aus der Wohnung aus und in die Gartenlaube ein – unter Angabe eines Hauptwohnsitzes versteht sich, denn laut Gartenordnung ist das übernachten in der Sparte verboten. Da jedoch viele Gartenfreunde den Sommer über in ihrer Laube wohnen, fallen die wenigen, die nichts anderes haben gar nicht auf. Bei der flexiblen Studentin mit Geldproblemen fällt die Romantisierung der Situation noch leicht, bei dem Unbekannten, der auch bleibt, wenn das Wasser wegen Frostgefahr abgestellt wurde, schon weniger.

 

Die fast lebensgrossen Zeichnungen in den Fenstern des Kiosk lassen erahnen, was es bedeutet, sich auf engstem Raum einzurichten. Lebendig halten sie das Nebeneinander und Durcheinander der Gegenstände unterschiedlichster Lebensbereiche und Bedürfnisse fest. Durch die vierseitige Installation der Zeichnungen ist es, als ob man verschiedene Räume erschliesst, die sich dann jedoch zu einem zusammenfügen. Die Umkehrung von Innen- und Aussenraum zeigt öffentlich, was sich in der gesellschaftlichen Sphäre des Privaten hinter Wänden und Türen abspielt. Mit dem Wissen, dass es sich um eine Gartenlaube handelt, entstehen Gedanken hinsichtlich fehlender Rückzugsmöglichkeiten und sozialer Kontrolle durch besorgte Gartenfreunde. Zugleich transportiert die Installation selbstgeschaffene Geborgenheit und zeigt wie Identität durch die äussere Hülle eines Raumes sichtbar wird.

 

Text: Philine Kuhn